Verzweiflung

Verzweiflung

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Ver|zweif|lung 〈f. 20; unz.〉 völlige Hoffnungslosigkeit, äußerste Niedergeschlagenheit ● jmdn. zur \Verzweiflung bringen 〈umg.〉 sehr ungeduldig machen

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Ver|zweif|lung, die; -, -en:
das Verzweifeltsein; Zustand völliger Hoffnungslosigkeit:
eine tiefe V. überkam, packte sie;
etw. aus, in, vor V. tun;
[über jmdn., etw.] in V. geraten;
das Problem bringt mich, du bringst mich [mit deiner ewigen Nörgelei] noch zur V.!

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Verzweiflung,
 
gefühlsmäßige Reaktion auf eine als hoffnungs- und ausweglos erlebte Lebenssituation von höchster persönlicher Bedeutung; kann von vorübergehender Bedrückung bis zu tiefster Erschütterung, im Extremfall zum Irrewerden am »Sinn des Daseins« reichen. Die Hoffnungslosigkeit beruht auf einer negativen Einschätzung der persönlichen Handlungsmöglichkeiten angesichts der Anforderungen und der Bedeutsamkeit der Situation. Diese Einschätzung kann falsch sein; bei Verzweiflung auslösenden seelischen Erkrankungen (z. B. Depression, Psychosen) ist sie es auch. Verzweiflung ist eine persönlichkeitsabhängige Erfahrung und Reaktion, die durch eine übersteigert aussichtslose Interpretation von Alltagswiderfahrnissen bis hin zu Verzweiflungsphasen z. B. im Zusammenhang mit lebensbedrohlichen Erkrankungen reichen kann. Länger anhaltende Verzweiflungszustände sind traumatisch und führen zu nicht mehr reversiblen kognitiv-affektiven Persönlichkeitsveränderungen, die neurotischen Entwicklungen, im Extremfall den Tod zur Folge haben (Walter Niederland). Physiologisch bewirkt lang anhaltende Verzweiflung eine Reduktion wesentlicher Lebensfunktionen wie z. B. der immunologischen Abwehr. - Aufgrund von Verzweiflung kommt es erkenntnismäßig zu wesentlichen Umstrukturierungen der Selbst- und Weltwahrnehmung, die für religiöse und philosophische Grunderfahrungen bedeutsam sind. Z. B. bildet bei S. Kierkegaard Verzweiflung den Ausgangspunkt für ein grundlegendes Welt- und Transzendenzverständnis. Nach K. Jaspers kann Verzweiflung zu den Grenzsituationen gerechnet werden, die den Menschen im Bewusstsein des eigenen Scheiterns zum »Selbstsein« führen können. - In der christlichen Glaubenslehre gilt Verharren in der Verzweiflung als »Sünde gegen die Hoffnung«; Verzweiflung bedeutet dabei die Aufgabe jeglicher Hoffnung, die Vorwegnahme der Nichterfüllung des Daseinssinns.
 
 
W. Niederland: Folgen der Verfolgung (a. d. Amerikan., 1980);
 S. Kierkegaard: Die Krankheit zum Tode (a. d. Dän., Neuausg. 1991);
 J. Pieper: Über die Hoffnung (81992);
 J.-P. Sartre: Das Sein u. das Nichts (a. d. Frz., Neuausg. 1993);
 M. Theunissen: Der Begriff V. Korrekturen an Kierkegaard (1993).

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Ver|zweif|lung, die; -, -en: das Verzweifeltsein; Zustand völliger Hoffnungslosigkeit: eine tiefe V. überkam, packte sie; wer aber nicht weiß, was Ehrgeiz ist, weiß auch nicht, was V. ist, und wer keine V. kennt, kennt auch keine Sicherheit (Stern, Mann 110); ... weil die V. über seine Verlassenheit nur einen Augenblick lang gewährt hatte (Schnabel, Marmor 40); etwas bremst das scheinbar doch so handgreifliche und mitteilbare Glücksgefühl und drängt es zurück, sodass ich aus dem Glück herausfalle in die Gegenwart meiner vielen -en (Gregor-Dellin, Traumbuch 89); etw. aus, in, vor V. tun; [über jmdn., etw.] in V. geraten; Der Mann hatte in seiner stillen V. damit begonnen, sich mit wechselnden Freundinnen zu beschäftigen (Strauß, Niemand 115); Alles, was ich tat, geschah mit der Absicht, dich in die äußerste V. zu treiben (Dürrenmatt, Richter 144); Sie wollte mich demütigen und zur V. treiben! (H. Mann, Stadt 119); das Problem bringt mich, du bringst mich [mit deiner ewigen Nörgelei] noch zur V.!

Universal-Lexikon. 2012.

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